„Das sind die zwei Seiten einer Medaille. Während die heimischen Tourismusbetriebe ständig über steigende Rekordzahlen jubeln, steigen gleichzeitig die Belastungen der Beschäftigten in diesen Unternehmen.“ Reinhard Stemmer, der neue ÖGB-Landesvorsitzende von der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen, und AK-Vizepräsidentin Manuela Auer machen anhand einer Sonderauswertung des Arbeitsklima-Index des IFES, darauf aufmerksam, dass die Jubelmeldungen aus der Tourismusbranche auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen erzielt werden. Reinhard Stemmer, auch Chef der für die Tourismusberufe zuständigen Gewerkschaft vida: „Die Studie zeigt einmal mehr, dass die Zufriedenheit in diesem Wirtschaftsbereich dramatisch gesunken ist.“
Viele möchten ihren Job wechseln!
Als Hauptgrund geben die ArbeitnehmerInnen die Unzufriedenheit mit der Dienstplangestaltung und dem Einkommen an. Zudem werden auch die Aufstiegschancen und Entwicklungsmöglichkeiten kritisch gesehen. Kein Wunder, dass gleich 32 Prozent der Gastronomie- und Tourismusangestellten und sogar 39 Prozent der KellnerInnen den Job wechseln wollen. Reinhard Stemmer dazu: „Diese Fakten kann man auch an den Arbeitsmarktdaten ablesen. Im Oktober waren 433 sofort verfügbare Stellen unbesetzt. Dem gegenüber betrug die Zahl der Arbeitssuchenden aus diesen Berufen 1.841! Dieser Anstieg sollte bei den Verantwortlichen aus den Betrieben eigentlich die Alarmglocken schrillen lassen!“
Kein Ruhetag, Tagesarbeitszeiten bis zu 16 Stunden!
Dass die zunehmende Abkehr der ArbeitnehmerInnen aus den Tourismusberufen begründet ist, zeigen auch die Kontrollen des Arbeitsinspektorates. Von 57 kontrollierten Hotel- und Gastgewerbebetrieben hielten sich 23 nicht an das geltende Arbeitszeitgesetz. Stemmer dazu: „In sechs dieser Unternehmen musste das Personal ohne einen Ruhetag pro Woche durcharbeiten. Dabei wurden Tagesarbeitszeiten von bis zu 16 Stunden und eine Wochenarbeitszeit von bis zu 90 Stunden festgestellt!“
Wünsche der ArbeitnehmerInnen umsetzen!
Es sei bedauerlich, dass gerade eine Branche die wesentlich für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist, sich kaum oder gar nicht um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen kümmere, ergänzt AK-Vizepräsidentin Manuela Auer. Dabei gebe es durchaus Hebel, die von den Beschäftigten als positiv wahrgenommen werden. So wünschen sich die ArbeitnehmerInnen etwa mehr Handlungsspielraum bei Entscheidungen, passende Arbeitszeitregelungen und attraktive Sozialleistungen.
Gewerkschaft bietet Mitarbeit an!
Die Gewerkschaft fordert daher u.a. eine Überarbeitung des Arbeitszeitgesetzes mit fairen Bedingungen für die Beschäftigten. Zudem seien ausreichende Erholungsphasen ein Muss! Die Ruhezeitverkürzung von elf auf acht Stunden müsse zurückgenommen werden. Stemmer und Auer fordern weiters ein freies Wochenende im Monat und eine neue Feiertagsregelung mit höherer Vergütung. Die beiden ArbeitnehmervertreterInnen abschließend: „Die großen Probleme in diesem Bereich können nur unter Einbeziehung aller Betroffenen behoben werden. Wir sind gerne bereit, an der Erstellung eines Kriterienkataloges mitzuarbeiten.“