„Täglich grüßt das Murmeltier“, so kommentiert AK-Vizepräsidentin Manuela Auer von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter:innen (FSG) die „Neujahrsreden“ beim Neujahrsempfang der Industriellenvereinigung. „Ständig wird nach Steuererleichterungen gerufen, ständig wird über angeblich hohe Kosten gejammert. Und dennoch vermeldete ein ums andere Vorarlberger Unternehmen im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn“, hält Auer fest. „Anstatt ein Bekenntnis von der Bevölkerung zur Industrie, fordern wir ein Bekenntnis der Industrie zum Standort Vorarlberg. Das würde Arbeitsplätze und das Sozialsystem samt Gesundheitsversorgung, Bildung und Pensionen sichern – großzügige Steuererleichterungen für Unternehmen und Dumpinglöhne tun das nicht!“
Ein Bekenntnis der Industrie zum Standort bedeutet für Auer: „Ein Bekenntnis zu guten Löhnen und Gehältern sowie ein Bekenntnis zur solidarischen Finanzierung des Gesundheits-, Sozial- und Bildungssystems durch angemessene Steuern.“ Sicherlich müssten beste Rahmenbedingungen für Unternehmen geschaffen werden, damit sie gut wirtschaften können, betont Auer. „Aber Steuererleichterungen etwa rein zur Gewinnmaximierung und zum Nachteil der Bevölkerung sind der falsche Weg.“ So erteilt die AK-Vizepräsidentin der Forderung nach einer Senkung der Lohnnebenkosten neuerlich eine deutliche Absage. „Das nützt nur den Unternehmen, um ihre Gewinne zu erhöhen. Die fatale Folge ist ein massiver Einbruch an Steuereinnahmen für den Erhalt und Ausbau wichtiger staatlicher Aufgaben und Leistungen.“ Mit den Lohnnebenkosten werden u.a. Krankenversicherung, Familienleistungen und Pensionen finanziert. „Vielmehr sollte sich die IV für staatliche Maßnahmen einsetzen, dass die Inflation endlich zurückgeht. Davon würden auch die Unternehmen profitieren.“
Aufräumen will Auer auch mit einer anderen Mär. „Die Deindustrialisierung findet schon seit Jahrzehnten statt. Durch Automatisierung und Digitalisierung hat die Zahl der Arbeitsplätze in der Industrie wesentlich geringer zugenommen, wie in anderen Branchen. Und dieser Trend wird sich fortsetzen.“ Neben der Standortfrage müsse man sich mindestens genauso Gedanken über die Daseinsvorsorge wie Bildung und Gesundheitsversorgung einsetzen. Und zur Frage der Finanzierung verweist Auer auf Studien des WIFO: „Der Ausbau der Pflege etwa würde sich durch das mitwachsende Steuer- und Sozialversicherungsaufkommen zum Großteil selbst finanzieren.“
Die großen Zukunftsfragen seien also auch andere, betont Auer: „Es geht nicht darum, Gewinne von Unternehmen zu maximieren. Es muss darum gehen, gute Arbeitsplätze, beste Bildung, Gesundheit- und Sozialleistungen und letztendlich auch den sozialen Frieden zu gewährleisten. Und das funktioniert nur, wenn sich alle ihrer Verantwortung – sei es als Arbeitgeber:in oder einfacher Steuerzahler:in – bewusst sind!“